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Das große Kribbeln im Kopf

Ob Flüstern oder Plopplaute: Geräuschevideos können helfen, in den Schlaf zu finden. Und sie sind ein boomender Markt.

Ein kleiner buddhistischer Mönch neben einem Miniatur-Garten © von Vix Ueo, unsplash

Yoga? Meditation? Spaziergänge? Alles wunderbar. Doch die Entspannungsmethode der Stunde heißt ASMR. Die Abkürzung steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“. Übersetzt: „Autonome Körperreaktion auf sensorische Reize“. Gemeint ist das wohlige, einschläfernde Kribbeln im Kopf, das sich bei vielen Menschen einstellt, wenn sie über längere Zeit ein ruhiges, monotones Geräusch hören.

Bekannt geworden ist ASMR durch Youtube, wo es zahllose ASMR-Videos gibt. Darin tippen die Youtuberinnen und Youtuber zum Beispiel mit den Fingern auf ein Mikrofon. Oder sie kneten einen trockenen Schwamm – ein akustisches Narkotikum. Je monotoner die Klänge, desto stärker die „Tingles”, die entspannenden Kopfkribbelgefühle. Manchmal flüstern die Videoproduzenten etwas oder machen mit dem Mund Plopplaute. So wie „Gibi ASMR“, eine US-amerikanische Youtuberin mit 4,6 Millionen Abonnent*innen. In Deutschland ist der Münchener Youtuber „asmr zeitgeist“ einer der erfolgreichsten Produzenten von Geräuschevideos. Seine Abonnent*innenzahl: 2,6 Millionen.

Die Wissenschaft steht vor einem Rätsel. Doch sie hat sich des Themas angenommen. Führender Forscher auf dem Gebiet ist der US-amerikanische Professor Craig Richard. 2018 veröffentlichte er das Buch „Brain Tingles“ (Kopfkribbeln). Vier Jahre zuvor hatte er die Website www.asmruniversity.com ins Leben gerufen – der Anlaufpunkt für alle, die sich für das Phänomen interessieren. „Wir fangen gerade erst an, ASMR zu verstehen“, sagt der Forscher. In der Anfangszeit hätten 15 Menschen pro Tag seine Website besucht. Mittlerweile seien es tausende. Mehrere Studien würden beweisen, dass die Geräuschekur helfe, Stress zu reduzieren und abends leichter in den Schlaf zu finden.

Auslöser der „Tingles“ können alle Arten von Geräuschen sein: Klopfen. Das Schütteln einer Wasserflasche. Kratz- und Streichgeräusche. Das Aneinanderreiben von Händen. Oder auch Mundgeräusche, hier in erster Linie ein sanftes Flüstern.

Als Ur-Vater des Trends gilt Bob Ross. „The Joy of Painting“ – Die Freude, zu malen – hieß die Fernsehserie des US-amerikanischen Malers und Moderators. 403 Folgen lang, ausgestrahlt zwischen 1983 und 1994, strich Ross unablässig mit dem Pinsel über Leinwände, während er ebenso unablässig mit leiser, sonorer Stimme Kommentare dazu sprach. Schwer zu sagen, wie viele Menschen er inspirierte, zum Pinsel zu greifen. Sicher ist, dass er viele beruhigte. Darunter auch Craig Richard, der die Serie als 13-Jähriger entdeckte und nach der Schule direkt einschaltete. Er habe keine einzige Folge zu Ende gesehen, erinnert sich der Wissenschaftler. Spätestens nach zehn Minuten sei er eingeschlafen.

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