Wer nicht fragt, bleibt stehen.

Richtige Fragen stellen, statt die Antwort schon im Kopf zu haben – das ist oft gar nicht so einfach. Von der Kunst des Hinterfragens und warum du sie nicht oft genug üben kannst.

von Nina Goldhammer

Mach das Fragestellen zu deiner täglichen Routine! © tachina-lee, unsplash

Zu den Kuriositäten unserer Zeit gehört es, dass wir alle tagtäglich ganz viele Fragen stellen – wenn es darum geht, sie in ein Suchfeld bei Google einzugeben. Aber stellen wir uns einmal in Ruhe die Frage, wann wir zum letzten Mal RICHTIG neugierig bei der Sache waren, sieht die Sache oft anders aus. Dabei ist gerade das die Superkraft unserer Zeit.

Stell den Fragen-Turbo an.

Psycholog:innen ordnen die Neugier, die perfekte Synthese aus Denken & Lernen, bereits seit einigen Jahren den wichtigsten Grund-Emotionen zu, etwa neben Freude, Ekel, Ärger oder Angst. Wir alle sind schon neugierig, bevor wir sprechen können – und wenn wir sprechen können, verbringen wir einige Jahre damit, unseren Eltern Löcher in den Bauch zu fragen. Wer sich diese Gabe erhält und sogar ausbaut, der tut einiges für die eigene Selbstreflektion und setzt einen wichtigen Grundstein für ein zufriedeneres Leben. Für sich selbst und auch für ein spannendes Miteinander. Hier ein paar Fragen, die es durchaus wert sind, bald an deinem Badezimmerspiegel zu hängen:

Wie jetzt?

Mach dich bereit, das Fragenstellen zu deiner täglichen (Achtsamkeits-)Routine zu machen. Denn Neugierde findet immer im Hier & Jetzt statt und kann eine positive Wendung in deinem Tagesgeschehen initiieren: Wenn du die vorherrschende Situation im Team oder am HV-Tisch beobachtest, kannst du sie hinterfragen. Und wenn du die richtigen Fragen stellst, bist du bereits auf dem Weg zur Lösung.

Neugierige Menschen werden im Übrigen oft von dem inneren Vertrauen geleitet, dass es schon einen Weg zum Ziel geben wird. Sie verbringen selten ihre Zeit damit, schmollend an der Straßenecke herumzustehen, um sich über das Vergangene zu ärgern oder sich Sorgen über die Zukunft zu machen. Sie sehen oft das Positive zuerst, und das steigert die Neugier.

Warum?

Stell dir ab und zu einmal die Sinnfrage. Menschen, die in dem, was sie tun, einen tieferen Sinn sehen, haben in schwierigen Zeiten mehr Durchhaltevermögen und gelangen einfacher an ihre Ziele. In pflegenden oder Heilberufen liegt dieser Sinn vielleicht auf der Hand, aber wie oft machst du dir eigentlich bewusst, wie vielen Menschen du tagsüber wertvolle gesundheitliche und seelische Unterstützung gibst?

Auch in stressigen Situationen hilft es, einen Moment innezuhalten und sich selbst zu fragen, warum du gerade so reagierst und nicht anders. Was hat das letzte schwierige Gespräch genau mit dir gemacht? Wieso bist du ggf. ungehalten geworden? Welchen Schalter hat das bei dir umgelegt? Wie hätte es besser laufen können?

Ein anderer Weg zur Arbeit verändert die Perspektive.
Ein anderer Weg zur Arbeit verändert die Perspektive.
© jennifer-griffin, unsplash

Wie können wir ...?

Wir alle spulen einen Großteil unserer Handlungen im Autopiloten ab, was auch nicht weiter schlimm ist, wenn es sich ums Zähneputzen oder Radfahren handelt. Allerdings könntest du mit dem Rad jeden Tag einen anderen Weg zur Arbeit fahren und immer wieder neue Seiten deiner Nachbarschaft und Umgebung sehen.

Ähnlich können wir uns in neuen oder schwierigen Situationen verhalten: Sammelt im Team in einer Mindmap oder an einer Ideenwand ganz verschiedene Lösungen für ein Problem, ohne sie zu bewerten, also von naheliegend bis vollkommen verrückt. Denn auch abwegige Ideen bringen oft den entscheidenden Lösungsfunken mit. Versucht „mit einem kindlichen Geist“ an die Sache heranzugehen, so kommen frische Ideen ins Team.

Warum eigentlich nicht?

Wie oft hören wir im Team „Warum werden die Standards von Handlungsanweisungen oder Prozessen schon wieder nicht erfüllt?“. Die Neugier auf etwas wie oben zu lenken, was auch mit dem Thema zu tun hat, erleichtert und gibt allen im Team auf einmal die Chance, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Und auf einmal klappt‘s.

Neugier hilft Blockaden aufzulösen – ganz gleich, ob es sich um eigene Denkblockaden oder einen Stillstand im Team oder Projekt handelt. Ihr kommt mit einem gemeinsamen Projekt nicht weiter, weil ihr euch nicht auf die beste Lösung einigen könnt? Müsst ihr das denn überhaupt? Schlagt einfach einen der Wege ein, die auf dem Tisch liegen, statt einen Konsens erzwingen zu wollen. Gemeinsames Feinjustieren geht dann immer noch.

Wenn das Brechen mit Routinen zur Gewohnheit wird.
Wenn das Brechen mit Routinen zur Gewohnheit wird.
© tori-wise, unsplash

Was wäre wenn ...?

Persönlich kannst du deine eigene Neugier herausfordern, indem du Entscheidungen hinterfragst, die du vielleicht schon seit Jahren aus Gewohnheit triffst. Wandern, asiatisch essen, Yoga ... ist alles nichts für dich? Probiere es aus, besonders wenn deine letzte Erfahrung schon einige Zeit her ist oder du es noch gar nicht ausprobiert hast. Und wer weiß, vielleicht überraschst du dich ja selbst.

Neugierde hält jung – auch schon in der Jugend.
Neugierde hält jung – auch schon in der Jugend.
© tori-wise, unsplash

Wohin?

Neugier ist nie eine Einbahnstraße. Sie lässt uns leichter Freundschaften knüpfen und sorgt für regelmäßige Schübe in der eigenen Entwicklung. Curiosity killes the cat? Das kann man mitnichten auf den Menschen übertragen. Denn die Neugierigen werden tendenziell älter, gerade wenn sie in der zweiten Lebenshälfte noch neugierig bleiben. Besonders neugierige Zeitgenossen leben sogar über ihre eigene Existenz hinaus. Oder um es mal mit Goethe zu sagen: „Wenn du eine weise Antwort haben willst, musst du vernünftig fragen.

Übung: Die 5-Why-Methode (5w)

Gerade im Bereich der Prozess-Verbesserung könnt ihr einmal die 5-Why-Methode testen. Ihr Ziel ist es, durch wiederholtes Warum-Fragen die Art eines Problems sowie seine Ursache herauszubekommen, so dass dort sinnhaft mit der Verbesserung angesetzt werden kann. Die 5 in 5w ist dabei symbolisch zu verstehen – einfach so oft nachfragen, bis eine Ursache identifiziert ist.

Nina Gold